Copy

Diese Ausgabe wird Dir präsentiert von:

Streaming-Kolumne

Viel hilft viel: Netflix’ ernüchternde Entscheidungspraxis

Staffellauf #13 von Arabella  •  28. Oktober 2021

Dass der Streaming-Gigant mit Erfolgen wie „Squid Game“ auf sich aufmerksam macht, hat mehr mit Big Data als künstlerischem Gestaltungswillen zu tun.

Wöchentlich, ja fast täglich, erscheinen neue Eigenproduktionen auf Netflix. Da ist es keine Überraschung, dass ein Großteil an neuen Filmen und Serien sang- und klanglos untergeht. Doch regelmäßig macht der Streaming-Anbieter mit enormen Hits auf sich aufmerksam: Nach dem Historiendrama „Bridgerton“ ist aktuell die südkoreanische Serie „Squid Game“ in aller Munde. Ganze 142 Millionen Haushalte haben zumindest die erste Episode der antikapitalistischen Parabel gestartet. 🥇 Ein neuer Rekord.

Nun könnte man argumentieren: Kein Wunder, denn wer so viel produziert, muss beizeiten auch einen Treffer landen. Da ist sicherlich etwas dran, denn wie selbst Ted Sarandos, seines Zeichens „Chief Content Officer“ des Unternehmens, zugibt, orientiert sich Netflix‘ inhaltliche Strategie tatsächlich am „Viel hilft viel“-Credo. Doch die Entscheidungspraxis des Streaming-Anbieters funktioniert natürlich nicht über Masse allein – oder zumindest anders, als man zunächst denken würde.

Angesichts der Summen, mit denen der Konzern hantiert, wäre die Abwesenheit einer echten Strategie schlicht fahrlässig. Vor allem wenn man bedenkt, dass Netflix – anders als seine TV-Konkurrenz – nicht erst vorab eine Pilotepisode produziert, nach der es die Möglichkeit einer ausführlichen Evaluation gibt, sondern direkt eine komplette Staffel finanzieren muss.

 

Berechneter Erfolg

Als erfolgversprechende Parameter, an denen sich der Anbieter seit einigen Jahren orientiert, dienen große Namen. Erst im Sommer hat die Plattform einen exklusiven Deal mit dem überaus renommierten Filmemacher Steven Spielberg, der vor einigen Jahren noch zu den schärfsten Kritikern des Streamingdienstes zählte, eingetütet. Durch mehrere hundert Millionen Dollar schwere Verträge mit arrivierten TV-Produzent*innen wie Ryan Murphy (FX/Fox) und Shonda Rhimes (ABC) macht man gleichsam der Konkurrenz wichtige Talente abspenstig.

Doch dass selbst deren Vorschläge nicht immer grünes Licht bekommen – so berichtet beispielsweise Jenji Kohan („Orange Is the New Black“), dass bereits mehrere ihrer Pitches abgelehnt wurden – liegt an der Existenz einer Praxis, die für Netflix noch wichtiger ist in der Entscheidungsfindung als das Prominenzkriterium. Und das ist so wenig überraschend, wie es ernüchternd ist: die Auswertung einer enormen Masse an Daten.

In einem Interview mit „Vulture“ erklärt besagter Sarandos entsprechend, wie ein „Mehr“ mit dem nächsten zusammenhängt: „More shows, more watching; more watching, more subs; more subs, more revenue; more revenue, more content.“ Und je mehr Inhalte verfügbar sind, die von immer mehr Abonnent*innen gesehen werden, desto mehr Informationen gibt es für Netflix, um mehr auf sie zugeschnittene Inhalte zu produzieren.

💬 Stimme mit einem Klick ab:

Enttäuscht es Dich, dass Netflix seine Projekte vor allem auf Basis von Nutzungsdaten auswählt?

1️⃣ Ja, wie unkreativ!

 

2️⃣ Hauptsache, sie treffen meinen Geschmack

Das Ergebnis der Umfrage in der Shelfd Community teilen wir immer in der Folgewoche mit Dir. Lies weiter unten in dieser E-Mail wie angstbefreit der Großteil streamt…

Denn anders als TV-Sendeanstalten richtet sich das Portfolio der Plattform weder nach einem Markenkern, wie man ihn beispielsweise mit dem für seine tiefgründigen Dramen bekannten Bezahlsender „HBO“ verbindet, noch nach Trends bei großen Preisverleihungen oder demographischen Daten, die letztlich doch nur auf Schätzungen beruhen.

Im Fokus steht allein die Personalisierung, die Netflix über sogenannte „taste communities“ beziehungsweise „clusters“ erlangt. In über 2.000 von ihnen wird jede und jeder eingeteilt und sie basieren auf dem tatsächlichem Sehverhalten.

Wie die Führungsriege des Konzerns erklärt, ist dabei wichtiger, dass eine Episode in einer Sitzung beendet wurde und wie viel Zeit zwischen der Sichtung der verschiedenen Folgen liegt, als die bloße Anzahl an Klicks, die eine Produktion auf sich vereinen kann.

Wie Netflix in einem Blog-Beitrag erklärte, hat man eigens eine Künstliche Intelligenz entwickelt, die anhand einer Vielzahl von Kriterien – bezogen auf reine Eckdaten, wie das Genre und die Spielzeit, aber auch tiefergehende Einblicke, wie nuancierte Stimmungen und Arten von Humor – Gemeinsamkeiten zwischen Titeln ermittelt. Verspricht ein Pitch für eine neue Serie, einen Film oder eine Doku viele dieser „taste communities“ anzusprechen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Netflix investieren wird.

Wenn sich der Konzern also dazu entscheidet, eine Serie wie den jüngsten Erfolg aus Südkorea zu produzieren, hat der Entschluss wenig mit dem Ziel – und dem damit verbundenen Idealismus – zu tun, ein kapitalismuskritisches Format einer möglichst breiten Masse an Menschen zur Verfügung zu stellen. Sondern viel mehr mit der Tatsache, dass derartige Produktionen bei einer breiten Palette an „taste communities“, die sich vielleicht auch an ihrem Gewaltpotenzial oder dem geschmackvollen Set-Design erfreuen, gut ankommt.

Überraschend mag ein solches Verfahren für einen global agierenden Medienkonzern nicht sein. Ernüchternd ist es mangels des fehlendem künstlerischen Gestaltungswillens, den es erkennen lässt, allerdings schon.

Gerade wenn man sich des aufgeklärten Images besinnt, mit dem sich Netflix so gerne schmückt. Heißt es doch, dass es viel mehr das Ergebnis des momentanen Zeitgeistes als ein aus Überzeugung gewähltes Image ist – und damit auch eines, das grundsätzlich offen für Umbrüche ist.

➽ Kolumne teilen

Anzeige

Wir möchten Dir unsere Freunde vom Good News Magazin vorstellen:

 

Darin liest Du Nachrichten und Geschichten, die bestärken, motivieren, inspirieren und Deinen Tag erhellen. Das Good News Magazin zeigt nicht mit dem Finger auf das, was fehlt, sondern will bestärken und fördern, was bereits da ist.

 

Hier 30 Tage gratis testen!

Letzte Woche…

wollten wir wissen, ob ihr mit Angstzuständen zu kämpfen habt, nachdem ihr einen Horrorfilm gestreamt habt. Das Ergebnis: 48% von euch lässt Horror und je 26% kriegen nachts kein Auge zu bzw. hin und wieder, wenn der Film besonders gruselig war (bei 19 Stimmabgaben). 📝 Die Kolumne dazu kannst Du hier nachlesen.

📬 Wurde Dir die Kolumne weitergeleitet?

Hier kannst Du den Staffellauf kostenlos abonnieren (und auch pausieren)

Gesucht: 2.021 Möglichmacher*innen

Wir finanzieren die Staffellauf Kolumne wie alle unsere Formate und Funktionen über das Shelfd+ Abo. Bis Ende 2021 brauchen wir dafür mindestens 2.021 Möglichmacher*innen (zum aktuellen Stand).

Obwohl Du hier kostenlos weiterlesen kannst, würden wir uns doch riesig über Deinen regelmäßigen Support freuen. Das geht schon für 19,19 Euro im Jahr (also nur 1,60 Euro pro Monat). 👏 Danke an alle, die uns schon anfeuern.

PS: Mit Shelfd+ erhältst Du auch Zugriff auf zahlreiche exklusive Shelfd Originals, die Dir richtig Zeit sparen.

➽ Mit Shelfd+ Abo unterstützen

Weiterlesen

 

📚  Archiv mit allen Staffellauf Streaming-Kolumnen

📼  Archiv mit allen Fünf fürs Regal Streaming-Bestenlisten

🎉  Artikelserie zum Start von Shelfd+

👨‍💻  Backend Engineer (m/w/d) gesucht – Remote, 10h pro Woche

 

Mehr von Shelfd

 

😍  Alle Formate und Funktionen von Shelfd entdecken

🎉  Probiere unsere Face-Filter auf Instagram aus

🔮  Bestimme mit, welche Funktionen und Formate wir als nächstes umsetzen sollen

 

Individuelle Empfehlungen

 

💯  Mit Shelfd+ siehst Du nur, was Dir auch gefällt

 

Shelfd ist ein Indie-Projekt, ermöglicht durch Dich

 

Hinter Shelfd steht keine große Firma, sondern ein kleines Team aus Streameast*innen. Jede Empfehlung an Freunde feuert uns dabei an weiter so viel Liebe und Zeit zu investieren! 👏 Und mit einer einmaligen Spende kannst Du sogar dabei helfen die Technik-Kosten zu decken.

Einmalige Spende via PayPal
@empfehlung @empfehlung
@empfehlung_mediathek @empfehlung_mediathek
@heyshelfd @heyshelfd
@shelfd @shelfd
Copyright © 2021 Shelfd UG, alle Rechte vorbehalten.



Möchtest Du Dich aus unserem Mailchimp-Verteiler austragen und keine Mails aus den Formaten Neustarts, Staffellauf, Fünf fürs Regal, Shelfies von Artists, Neues von Shelfd, Tipps zum Start, sowie zu all unseren Ausbaustufen mehr erhalten?
Hier kannst Du Dich mit einem Klick austragen. Das ist aktuell leider nicht wieder umkehrbar.

Möchtest Du Deine Newsletter-Einstellungen anpassen?
Hier kannst Du all Deine Abos ändern und abbestellen.