Regie: Fatih Akin
Gegen die Wand
Um der Strenge ihres türkischen Elternhauses zu entkommen, ist die junge Sibel (Sibel Kekilli) zu allem bereit. In ihrer Verzweiflung bittet sie den 40-jährigen Alkoholiker Cahit (Birol Ünel), eine Scheinehe mit ihr einzugehen. Der willigt ein, und für einen kurzen Moment scheint die Rechnung aufzugehen: Sibel gewinnt ihre langersehnte Freiheit, und Cahit versucht noch einmal, sein verpfuschtes Leben in den Griff zu bekommen. Unaufhaltsam bewegt sich das ungleiche Paar auf eine Katastrophe zu.
💯 Shelfd Einordnung von Leya Lourenco
„Gegen die Wand” (2004) von Fatih Akin ist ein schonungslos ehrliches und wuchtiges Drama über kulturelle Dilemmata, Liebe und Selbstzerstörung. Die Figuren Sibel und Cahit sind fehlerhaft, menschlich und scheinen den Film über zwischen ihrer Kultur und ihrem Individualismus zu schweben.
Die schauspielerische Leistung von Kekilli und Ünel ist wirklich stark: Mit voller Hingabe und ohne Berührungsängste gegenüber den Figuren gespielt machen sie uns die Protagonisten glaubhaft. Auch die Dialoge und das alltägliche Handeln von Sibel und Cahit wirken wahrhaftig – Akin scheint zu wissen, wovon er spricht, wie etwa das liebevolle Zubereiten von gefüllten Paprika.
Auch die unruhige Handkamera von Rainer Klausmann, mit dem Akin noch oft zusammengearbeitet hat, passt zur authentisch-rauen Atmosphäre und bringt die Figuren den Zuschauern mit vielen Close-Ups ganz nah.
Besonders war auch die Filmmusik: In kurzen Zwischensequenzen tritt ein türkisches Volksmusik-Ensemble in Istanbul auf und die Lieder spiegeln das, was emotional in der Handlung passiert, wider und bieten eine Atempause für die Zuschauenden, um das Gesehene wirken zu lassen. Im Kopf geblieben ist mir auch die Szene auf dem Jahrmarkt, in der Sibel voller Lebensfreude in einem Fahrgeschäft fährt. Das Bild ist stumm und wir können nur „After Laughter” von Wendy Rene hören. So eine wunderschöne Szene, in der man Sibels Emanzipation spürt, sich aber auch schon ihre Tragödie ankündigt.
Der Film hat mich emotional total eingenommen, ich habe mich die ganze Zeit um die selbstzerstörerischen Figuren gesorgt und auf ein Happy End für ihre Liebe gehofft. Ein Film für alle, die kulturell vielschichtige und emotionale Geschichten schätzen.
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